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„Ich bin eine Frau, ich kann so widersprüchlich sein, wie ich will.“

Downton Abbey – Serie (6 Staffeln, 52 Folgen)

Aus heutiger Sicht mag dieser Satz unangenehm sexistisch klingen, doch vor 100 Jahren kam man damit als hochangesehene Gräfin in England noch ganz gut durch. Als Teil des wohl beliebtesten britischen Historiendramas bringt einen Lady Violet Crawley, Dowager Countess of Grantham, nicht selten zum Schmunzeln, wenn sie, dargestellt von der Schauspiel-Legende Dame Maggie Smith, auf ihre unverwechselbare Art die Ansichten einer äußerst konservativen Adligen wiedergibt.

Downton Abbey heißt ihr ehemaliges Anwesen, das nun von ihrem Sohn Robert, dessen amerikanischer Frau Cora und ihren drei gemeinsamen Töchtern Mary, Edith und Sybil bewohnt wird.

Die gleichnamige, weltweit außergewöhnlich erfolgreiche Serie spielt im England des frühen 20. Jahrhunderts, das von drastischen politischen und wirtschaftlichen Umbrüchen auf den Kopf gestellt wird. Die Einführung des Frauenwahlrechts, der irische Unabhängigkeitskrieg, der erste Weltkrieg, gefolgt von der erbarmungslosen Spanischen Grippe… Und mittendrin die adlige Familie der Crawleys, die von all den Ereignissen nicht unberührt bleibt.

Als der ursprüngliche Erbe ihres Anwesens beim Untergang der Titanic ums Leben kommt, müssen die Crawleys sich damit abfinden, dass der neue nächste männliche Verwandte, Matthew Crawley, ein ihnen so gut wie unbekannter junger Anwalt aus der Arbeiterklasse ist, der von dem pompösen Lebensstil der Familie wenig hält. Als die Versuche, den Erbvertrag anzufechten, misslingen, soll die älteste Tochter, Mary, mit Matthew verheiratet werden, was sie jedoch zunächst vehement ablehnt.

Und wie es auf Downton Abbey nun mal so läuft, folgt Problem auf Problem, werden Entscheidungen getroffen, die nicht getroffen werden wollen und finden Dinge statt, die lieber nicht an die Öffentlichkeit herangetragen werden sollten, um den Ruf der Familie Crawley nicht zu ruinieren.

Doch nicht nur die, die in den üppigen Zimmern in den oberen Etagen des Anwesens hausieren, haben ihr Kreuz zu tragen; auch die Bediensteten müssen sich mit persönlichen Problemen herumschlagen. So zum Beispiel das oberste Hausmädchen Anna, das partout kein Glück zu haben scheint, das Küchenmädchen Daisy, das ungewollt Zeuge eines verstörenden Ereignisses im Schlafzimmertrakt der Hausherren wird und der Diener Thomas, der mit seiner Homosexualität (die damals in England strafbar war) zu kämpfen hat und seinen Gefühlen durch zahlreiche Intrigen Ausdruck verleiht.

Was auf den ersten Blick wie ein viel zu kompliziertes, klassisches und vorhersehbares Drama wirkt, ist in Wirklichkeit das vielmals ausgezeichnete Werk des brillanten Autors Julian Fellowes, der mit der Serie über sechs Staffeln hinweg unglaublich komplexe und eigenständige Figuren erschafft und aufeinandertreffen lässt. Dabei ist nicht nur die Geschichte an sich ein Meisterwerk; auch die Aufmachung der Produktion bietet den Zuschauern ein ungewöhnlich ausgeklügeltes Erlebnis: Eine zauberhafte Location wurde mit dem Herrenhaus Highclere Castle in Hampshire gefunden, die Kostüme bestechen durch unfassbare historische Genauigkeit und selbst das Essen in  der Serie scheint wie im 20. Jahrhundert zubereitet zu sein, ganz zu schweigen von der fantastischen Besetzung, die international bekannte Stars wie Maggie Smith, Shirley MacLaine und Dan Stevens, aber auch unpopulärere, glänzende Schauspieler*innen zu einem hervorragend funktionierenden Ensemble machen.

Zwar kann die erste Folge von Staffel 1 (englische Erstausstrahlung September 2010) zunächst leicht für Verwirrung sorgen, da sie den Zuschauer erbarmungslos von der ersten Minute an in das Leben auf Downton Abbey entführt und die genauen Figurenkonstellationen erst im Laufe der nächsten Folgen wirklich klar werden, doch es wäre eine Schande, die großartigen Geschichten, Bilder und den angenehmen britischen Humor, der in vielen Szenen steckt, zu verpassen.

Die Serie bietet ein echtes Vergnügen für die ganze Familie, eine ordentliche Prise englischen Flair und, als netten Nebeneffekt, sogar etwas historische Bildung.

Alea Unger (12/20)

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