Der Begriff ,,Mobbing“ wurde ursprünglich von dem österreichischen Verhaltensforscher und Nobelpreisträger Konrad Lorenz erstmals im Jahr 1963 für die raffinierten Verteidigungsstrategien der Tiere verwendet. Dieses Phänomen, bei dem sich mehrere Artgenossen zusammenschließen, um einen kräftemäßig überlegenen Feind zu vertreiben, wird auch „Hassen“ genannt. Dieses ist im Tierreich weit verbreitet:
Ziel dabei ist es, den Feind so stark zu belästigen oder zu verwirren, dass er das Weite sucht. Vögel erreichen dies zum Beispiel durch lautes Gezwitscher und permanente Sturzflüge auf den Feind, bei denen sie kurz vor der Kollision schlagartig die Richtung wechseln. Andere Vogelarten, besonders Möwen, gehen sogar soweit, sich über das Opfer ihrer „Hassattacke“ zu erbrechen. Erdmännchen schützen sich vor gefährlichen Schlangen, indem sie ihnen durch Tritte Sand in die Augen schleudern, während bei Fischen beobachtet wurde, wie sie eine Muräne durch ständiges Anstupsen in die Flucht schlugen. Etwas brutaler geht es bei den Bienen zu: Einige Arten pflegen es, Hornissen, die ihnen gefährlich werden könnten, zu ihrem Stock zu locken, um sie dort in eine Art Mantel aus vielen Bienen einzuhüllen. Durch die Flügelschläge entsteht eine unangenehme Hitze, die schließlich zum Tod der Hornisse führt.
Das Mobben im Tierreich muss jedoch nicht zwangsläufig zur Verteidigung gegen andere Arten dienen. In Affenrudeln zum Beispiel ist es ein fester Bestandteil der Bildung der Rangordnung. Affen im Teenager-Alter versuchen, sich dadurch einen Platz in einer starken Gruppe zu sichern, da solche in der strengen Hierarchie des Rudels bessere Chancen auf Anerkennung haben und die Rangordnung mitbestimmen. Wenn es für sie von sozialem Vorteil ist, greifen sie sich gegenseitig an und führen meist blutig endende Kämpfe untereinander aus. Nachdem ein Affe sich in einem Rudel den Rang des Alphamännchens erkämpft hat, schützt es sich vor Angriffen starker Konkurrenz durch möglichst viele Verbündete, die es durch Akte des Vertrauens, wie zum Beispiel die gegenseitige Fellpflege, gewinnt.
Das Mobben ist also keine grausame Erfindung des Menschen, sondern stammt von unseren unmittelbaren Vorfahren ab und kann somit theoretisch als „vollkommen natürlich“ bezeichnet werden. Da in unserer Gesellschaft jedoch grundsätzlich jeder gewisse Rechte hat, die von anderen Menschen nicht missachtet werden dürfen, und durch die sich unsere „Rangordnung“ ganz klar von der der Tiere unterscheidet, sollte diese Tatsache keinesfalls als Berechtigung für das Mobbing in Schulen, Arbeitsplätzen und anderen Gruppen gesehen werden.
Alea Unger (05/19)